Bei den Empfehlungen der Ernährungsfachgesellschaften blieben die biologischen Rhythmen bislang unberücksichtigt. Die Fachgesellschaften gehen im Wesentlichen auf die Menge, die Art und den Energiegehalt der täglichen Ernährung ein. Aktuellere Untersuchungen widmen sich jedoch zunehmend den Fragen, die sich mit der Anzahl der Tagesmahlzeiten und den Reaktionen des Körpers auf die Nahrungsaufnahme zu bestimmten Tageszeiten beschäftigen. Diese könnten eine erheblichere Rolle im Kampf gegen das Übergewicht spielen, als bisher vermutet.
Sind Zeitgeber wie das Tageslicht, Umgebungstemperaturen, Geräusche, soziale Interaktionen und die Nahrungsaufnahmen vorhanden, meldet sich das Hungergefühl alle vier bis fünf Stunden. Orientiert sich der Mensch an dem inneren Hungerrhythmus, so praktiziert er ein Drei-Mahlzeiten-Tagesschema. Gerade die Mahlzeiten, die zu festen Zeitpunkten eingenommen werden, sind ein ausgezeichneter Zeitgeber. Aschof et al. (1986) konnten nachweisen, dass sich bei veränderten Abständen zwischen den Mahlzeiten der gesamte biologische Rhythmus verschieben kann. Eine der Folgen davon wäre eine Veränderung in der Produktion von Insulin.
Insulin ist das wichtigste Hormon für die Energiespeicherbildung im Körper. Ist der Blutzuckerspiegel durch die Einnahme einer kohlenhydrathaltigen Mahlzeit erhöht, sorgt das Insulin dafür, dass die Blutzuckerkonzentration gesenkt wird. Dies geschieht kurzfristig (innerhalb weniger Sekunden bis Minuten) durch den Abtransport der Glukose aus dem Blutplasma in das Zellinnere der Leber- und Muskelzellen. Langfristig (mehrere Stunden bis Tage) und bei ausreichender Verfügbarkeit von Energie kommt es durch das Insulin zur Bildung von Fettsäuren (Triacylgycerinen), die vom Körper verstärkt im Fettgewebe gespeichert werden (Dettmer et al. 2005).
Die gespeicherte Energie in Form von Glukose oder Fettsäuren wird von unserem Körper durch das Hormon Glykagon (aktiviert bestimmte Enzyme für den Fettstoffwechsel) zwischen den Mahlzeiten oder nachts verwertet. Eine Verminderung der Essenspausen von 5 auf 3,5 Stunden, z. B. in Form von drei Haupt- und zwei Zwischenmahlzeiten, würde zu einer Verkürzung dieser Zeit führen. Weiterhin würde eine häufigere kohlenhydrathaltige Nahrungszufuhr zur Insulinbildung und damit, bei Energieüberschuss, zur Fetteinlagerung beitragen.
Bei den Untersuchungen von Schusdziarra et al. (2011) wurden 5184 Protokolle Übergewichtiger ausgewertet. Zwei Gruppen wurden miteinander verglichen. Eine Gruppe nahm eine Zwischenmahlzeit zusätzlich zu den drei Hauptmahlzeiten zu sich, die zweite Gruppe beschränkte sich auf drei Hauptmahlzeiten am Tag. Es stellte sich heraus, dass die Personen mit der Zwischenmahlzeit abends die gleiche Kalorienmenge aufnahmen wie jene ohne. Eine Zwischenmahlzeit nachmittags hatte also keinen Einfluss auf die abendliche Kalorienzufuhr.
Wer also auf sein Gewicht achten möchte, sollte den Fokus nicht nur auf die Menge, die Art und den Energiegehalt seiner täglichen Ernährung legen, sondern möglichst bei Hunger essen und Essenspausen von 4 bis 5 Stunden einhalten.
Wer jedoch seinen "Hunger" zwischen den Hauptmahlzeiten nicht gezügelt bekommt, sollte lieber auf Süßigkeiten, Müsliriegel und Co. (kohlenhydratreiche Zwischenmahlzeiten, auch alles mit Zucker) verzichten und sich stattdessen an Gemüse gütlich tun ;-)
Literatur
Aschoff, J., von Goetz, C., Wildgruber, C. & Wever, R., A. (1986). Meal timing in humans during isolation without time cues. J. of Biological Rhythms, 1, 151-162.
Dettmer, U., Folkerts, M., Kächler, E. & Sönnichsen, A. (2005). Intensivkurs Biochemie. München: Urban & Fischer.
Schusdziarra, V., Hausmann, M., Wiedmann, C., Hess, J., Barth, C., Wagenpfeil, S. & Erdmann, J. (2011). Successful weight loss and maintenance in everyday clinical practice with an individually tailored change of eating habits of the basis of food energy density. Eur. J. Nurt., 50 (5), 351-361.
von Katja Berlinghof
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